Ein Beruf zwischen Leben und Tod
Michael Roes leitet das Johannes-Hospiz in Münster
Es ist 15 Uhr. Gudrun Müller sitzt mit ihrer besten Freundin am Kaffeetisch und redet über Gott und die Welt. Wie jeden Montag. Michael Roes betritt den Raum, um zu fragen, ob alles in Ordnung ist. Die Hospiz-Bewohnerin nickt, und er verlässt den Raum. Der Hospiz-Leiter hat ein Lächeln auf seinen Lippen. Er freut sich: Gudrun Müller hat Spaß, sie genießt derzeit ihr Leben, obwohl sie weiß, dass sie nur noch eine kurze Zeit zu leben hat. Denn sie leidet an einem bösartigen Tumor. Wie viele hier im Johannes-Hospiz Münster. Doch wie Gudrun Müller gehen viele sehr offen damit um. "Dennoch hat jeder andere Bedürfnisse. Es gibt Bewohner, die einfach nur in Ruhe gelassen werden wollen. Andere dagegen brauchen die Zuwendung", berichtet Michael Roes.
Seit mittlerweile fünf Jahren ist Roes nun schon Leiter des Johannes- Hospizes in Münster, das 1999 eröffnet wurde. Es war nie sein Berufsziel, Hospizleiter zu werden. Der gebürtige Anholter wurde erst durch eine Annonce in der Zeitung auf die Stelle aufmerksam. Er bewarb sich und wurde angestellt. Das war für seine Familie erst einmal mit erheblicher Verunsicherung verbunden. Auch für seine Frau, die persönlich schon belastende Erfahrungen mit dem Thema Tod gemacht hatte. "Doch inzwischen ist es für sie und meine zwei Kinder ein Beruf wie jeder andere auch", meint der 44-jährige. "Denn schließlich hat mein Beruf nicht nur mit Sterben zu tun. Es geht darum, den Menschen, die hier sind, das zu geben, was sie brauchen, ihnen die letzten Wochen ihres Lebens so angenehm wie möglich zu gestalten."
"Wir" - damit meint Michael Roes 18 hauptamtliche sowie vierzig weitere ehrenamtliche Helfer im Johannes-Hospiz. In einem festen Dienstplan sind sie im Einsatz; mit den behandelnden Ärzten, die zusichern, zumindest telefonisch immer erreichbar zu sein, sind Notfallsituationen bzw. der Umgang damit eng abgestimmt. Oft ist es der Hausarzt der Bewohner, denn Hospize haben keinen eigenen Arzt. Für eine angemessene medizinische Versorgung steht ein überschaubares Spektrum an Medikamenten zur Verfügung - alles, was notwendig ist. "Allerdings gab es auch schon einmal einen älteren Mann, der die Einnahme wichtiger Medikamente verweigerte", erinnert sich Roes. Damit mussten die Mitarbeiter auch erst einmal umzugehen lernen. Doch sie respektierten diese Bitte, und so starb er, wie er es sich vorgestellt hatte. Wie jeder verstorbene Bewohner wurde er in das "Erinnerungsbuch" eingetragen. "Hier ist jeder verewigt, damit auch keiner vergessen wird", berichtet der Hospiz-Leiter. Dort findet sich meist ein Foto des Verstorbenen, neben dem das Einzugs- und Sterbedatum notiert ist.
Der jüngste Verstorbene des Johannes-Hospizes ist ein Siebzehnjähriger. Doch die meisten Bewohner, die hier sterben, sind deutlich älter. "Die Statistik besagt, dass die Bewohner im Durchschnitt etwa 65 Jahre alt sind." Wenn ein Bewohner stirbt, wird im Eingangsbereich als besonderes Zeichen des Gedenkens eine Kerze entzündet. Innerhalb der nächsten ein bis zwei Stunden wird der Tote dann gewaschen und bleibt so lange in seinem Zimmer, wie die Angehörigen Zeit brauchen, sich zu verabschieden. Bei manchen dauert dies einige Stunden, bei anderen kann das aber durchaus bis zu zwei Tagen dauern.
Ebenso wird damit begonnen, die Abschiedsfeier vorzubereiten, die am darauf folgenden Tag stattfindet. Die Feier hat ein festes Ritual, bezieht aber immer die Wünsche des Verstorbenen und seiner Angehörigen mit ein. Es wird Musik gespielt - wenn bekannt, natürlich seine Lieblingsmusik. Nacheinander kommen die Anwesenden zu ihm ans Bett, zünden ein Teelicht an, können dort einen Moment verweilen und verabschieden sich dann. Im Hospiz wird eine neue Aufnahme geplant, und die Vorbereitungen dafür werden getroffen. So ist es im Hospiz: Die Menschen kommen und gehen. Den Umgang damit zu lernen war für Michael Roes eine große Herausforderung. Doch in dem Verständnis, dass der Tod Teil des Lebens ist, ist es inzwischen gut möglich, damit umzugehen - was nicht heißen soll, dass es ihm nichts ausmacht, wenn jemand stirbt. Doch dies ist sein Beruf. Sterben gehört zum Leben im Hospiz dazu und damit auch zum Beruf des Hospizleiters.
Maike Tombrink (Klasse 9, Kardinal-von-Galen-Gymnasium)
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