Fasst mich doch an
Osterzeit 2021
Eine bekannte deutsche Schauspielerin wirbt für die Coronaschutzimpfung. Sie betritt im Werbespot eine leere Theaterbühne, wendet sich den Zuschauern zu und sagt: „Seit über einem Jahr habe ich mein Enkelkind nicht im Arm gehalten.“ „Kontaktbeschränkung“ heißt das im Coronadeutsch. Sich voneinander fern halten, das ist die dringende Empfehlung. Also kein Händeschütteln, keine Umarmung, kein „Küsschen-Küsschen“, kein freundschaftliches und ermutigendes auf die Schultern klopfen und eben auch kein liebesvolles in die Arme nehmen der Enkelkinder. Das entfernt die Menschen voneinander. Aber all diese kleinen, kurzen, körperlichen Kontakte gehörenden doch zu unserer Sprache. Sie drücken aus, was man mit Worten nicht sagen kann. So macht uns Corona etwas sprachloser.
Auch unsere religiöse Sprache lebt von Berührungen. Nachösterlich gibt es drei Berührungsepisoden. In der ersten sieht es zunächst nicht danach aus, als sei die Berührung erwünscht. „Noli me tangere!“ Es ist am Ostermorgen vor dem leeren Grab, die Begegnung der Maria Magdalena mit dem Auferstandenen (Joh 20, 17). In der Luther-Bibel wird das Wort Jesu klassisch übersetzt: „Rühr mich nicht an!“ Das hört sich noch hart und abweisend an.
In einer zweiten Episode wird eine Berührung eingefordert, vom Thomas, dem Apostel. Er fordert einen Beweis der Auferstehung: “ … wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.“ (Joh 20, 25) Der auferstandene Herr lässt die Berührung zu. Sie ist aber nicht mehr nötig für das Bekenntnis des Thomas: „Mein Herr und mein Gott!“ (V28)
Die dritte Berührungsepisode finde ich im Lukas-Evangelium. Es geht hier um die wirkliche Leiblichkeit des Auferstandene. Die Jünger halten ihn für einen Geist, hatten Angst und Zweifel, waren bestürzt bei dieser Begegnung. Hier ist es Jesus selbst, der seine Jünger auffordert: „Fasst mich doch an und begreift: Kein Geist hat Fleisch und Knochen, wie ihr es bei mir seht. Bei diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und Füße.“ (Lk 24,39) Die Berührungsangebote des Herrn sind Zeichen der Nähe und des Vertrauen an. Sie sollen den Glauben stärken.
Im Leben der christlichen Gemeinde hat sich eine Kultur der Berührung entwickelt, besonders bei der Feier der Sakramente. Eine Berührung ist der Friedensgruß in der Eucharistiefeier. Erst durch die Liturgiereform des Zweiten vatikanischen Konzils (1962-1965) ist er auch für die Gemeinde eingeführt worden. „Gebt euch ein Zeichen des Friedens und der Versöhnung.“ Ganz bewusst ist dieser Gruß angelehnt an den Friedensgruß des Herrn in der nachösterlichen Begegnung mit seinen Jüngern.
Das Händeschütteln ist nicht jedermanns Sache. Es kann ja auch ein freundliches Zunicken oder Winken sein. Aber jetzt, in der Liturgie unter Pandemiebedingungen, in gehörigem Abstand voneinander, die Mimik versteckt hinter einer FFP2-Maske, fällt es doch auf, dass sie fehlen, die Berührungen als Zeichen tröstender Nähe, der Gemeinschaft, des Friedens und der Versöhnung.
Lutz Nehk
Hier können Sie den Beitrag auch anhören: MEDITATION
18. April 2021 | Foto: © Nehk 2021 | Musik. jamendo.com
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