Lernen, was am Lebensende wichtig wird
Die Glocke │ Februar 2020

Münster (gl). Stabile Seitenlage oder Herzdruckmassage, den Notarzt rufen, beim Verletzten bleiben: Wichtige Regeln, um mit Erster Hilfe Leben zu retten, beherrschen sicher mehr Menschen als die Grundlagen dafür, Letzte Hilfe zu leisten. Kurse, in denen Teilnehmer das Rüstzeug bekommen, um ein Familienmitglied oder einen Freund am Lebensendezu begleiten, bietet das Johannes-Hospiz in Münster an.
„Unsere Vorfahren wussten deutlich mehr darüber, aber wir legen heute viel in die Hände von Profis. Dabei wollen die meisten Menschen zuhause sterben, in ihrer vertrauten Umgebung“, sagt Alexandra Hieck, eine der beiden Kursleiterinnen. 17 Frauen und ein Mann sind gekommen, um zu erfahren, was Sterbende brauchen, welche Sorgen und Leiden sie haben, wie man ihnen ohne medizinische Fachkenntnisse beistehen kann und dabei ihre Selbstbestimmung wahrt.
„Ich betreue meinen dementenMann. Und ich will wissen, was auf mich zukommt, wenn er im Sterben liegt“, sagt eine Teilnehmerin. Eine andere hat eine solche Situation mit ihrer Patentante bereits durchgestanden. „Ich hoffe, dass ich damals intuitiv Vieles richtig gemacht habe.
Aber ich kann wieder in eine solche Lage kommen und will dann mehr wissen.“ Im kleinen Kursraum brennen Kerzen, die Stimmung ist offen, jeden Teilnehmer verbindet eine ganz persönliche Geschichte mit dem Thema Sterben. Und alle wollen helfen, anstatt wegzuschauen.
„Dass man als alter, als sterbender Mensch seine Interessen verliert, sich zurückzieht, unendliche Müdigkeit verspürt, ist in der Leistungsgesellschaft ja gar nicht mehr vorgesehen. Da geht die Ü-80-Gruppe auf Trekkingtour“, meint Alexandra Hieck augenzwinkernd. Die Wirklichkeit sieht oft anders aus: Schmerzen. Luftnot, Übelkeit und Ängste können das Lebensende prägen. „Dagegen helfen vier Medikamente. Hat man sie im Haus, gibt das Sicherheit“, erklärt Kursleiterin Claudia Bonenkamp.
Alexandra Hieck verschwindet derweil kurz in der Küche und kommt mit bunt dekorierten Tabletts zurück. Keine Spezialitäten türmen sich darauf, sondern alles, was das unangenehme Gefühl eines ausgetrockneten Mundes beheben kann, unter dem Menschen am Lebensende häufig leiden. „Frieren Sie Saft, Obst oder Wein wie Eiswürfel ein. Das hilft und bringt ein bisschen Geschmack.“ Ums Essen und Trinken selbst geht es meist nicht mehr. „Man stirbt nicht, weil nicht mehr isst und trinkt. Man isst und trinkt nicht mehr, weil man stirbt“, sagt Claudia Bonenkamp.
Ob Möhrensaft oder Weißwein:
Gefrorenes tut gut. Bilder: Zinke
Seminare sind fast immer ausgebucht
Münster (azi). Der Palliativmediziner und Notarzt Dr. Georg Bollig hatte 2008 die Idee zu Letzte-Hilfe-Kursen – angelehnt an die allseits bekannte Erste Hilfe. Sie sollen grundlegendes Wissen über die Bedürfnisse von Menschen am Lebensende und über Möglichkeiten zur Unterstützung in die breite Bevölkerung bringen. Seit 2014 gibt es solche Kurse in Skandinavien, seit 2015 in Deutschland. Seit zwei Jahren bietet das Johannes- Hospiz Münster die Letzte-Hilfe- Kurse an – der Zuspruch ist groß. „Die Plätze sind immer weg, wir könnten eine ganze Stelle damit füllen“, sagt Koordinatorin Alexandra Hieck.
Neue Projekte auf dem Gebiet der Letzten Hilfe sind Kurse für Kinder und Jugendliche sowie Angebote in Leichter Sprache.
Foto: Ob Wassereis, süße Butter oder kühles Obst: Alexandra Hieck vomJohannes-Hospiz in Münster zeigt den Teilnehmern des Letzte-Hilfe-Kurses, wie man Leiden sterbender Menschen lindern kann.
Text: ANDREA ZINKE
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